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Wurde ja auch Zeit: Staatstrojaner endlich unbeschränktes Werkzeug für unsere Geheimdienste (Update 21.10.2020)

Zitiert aus einem Betrag des selbsternannten Sturmgeschützes der Demokratie:

So verabredeten Merkel, Seehofer und Scholz, dass die Geheimdienste des Bundes mehr Überwachungsbefugnisse bekommen. Alle drei Dienste sollen künftig Verdächtigen Trojaner aufs Handy spielen können, um Nachrichten und Anrufe über Apps wie WhatsApp mitschneiden zu können. Darüber hatte die Koalition seit Monaten gestritten.

Ich hatte schon die Befürchtung, dass die Bevölkerung noch länger im Unklaren darüber gelassen wird, in was für einer Art von freiheitlich demokratischer Grundordnung wir hier in Deutschland leben. Jetzt bin ich beruhigt.

Und welcher Terrorist benutzt denn bitte Whatsapp?

Die Bundes-Hacker dürfen sich im Übrigen auch über Infrastruktur hermachen. Wenn ich es richtig verstanden habe, ab jetzt dann auch ohne richterlichen Beschluss.

Damit ist das Internet als Plattform für vertrauliche Kommunikation grundsätzlich kaputt. Macht euch schon mal mit Tails vertraut, nur so aus Prinzip. Das bedeutet zwar, dass ihr auf der No-Fly-List der US-Behörden landet und nicht mehr einreisen dürft, und vielleicht noch auf anderen Terroristenlisten. Aber so ist das halt, wer Privatsphäre wünscht, muss sich den Status als Gefährder gefallen lassen.

Völlig unerwartet und untröstlich - wir sind nicht allein:

The coronavirus pandemic is accelerating a dramatic decline in global internet freedom. For the 10th consecutive year, users have experienced an overall deterioration in their rights, and the phenomenon is contributing to a broader crisis for democracy worldwide.

Obs noch irgendjemanden juckt, sehen wir spätestens bei der nächsten Wahl. Aber da müsste schon eine radikale Wende erfolgen. Und ich meine damit nicht FDP oder AfD, die lächerlich durchschaubar und opportunistisch das Pferd "Uploadfilter verhindern!" zuschanden reiten.

Macht euch selbst mal ein Bild und schaut nach, wer in der deutschen Politik noch ein ernst zu nehmendes Track Record in Sachen Schutz der Privatsphäre bzw. "freies Internet" hat. Da muss man mit der Lupe suchen - besser noch mit einem Mikroskop.

Update 21.10.2020: Auch eine entsprechende Meldung bei der Tagesschau.

Voraussetzung für die sogenannte Quellen-TKÜ ist allerdings in jedem einzelnen Fall eine entsprechende Anordnung. Die Geheimdienste können also nicht nach eigenem Gutdünken Kommunikation mitlesen und speichern. Es gehe darum, "die Aufklärung schwerer Bedrohungen für unseren demokratischen Rechtsstaat und die freiheitlich demokratische Grundordnung zu gewährleisten", heißt es im Gesetzentwurf, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.

Nun würde mich doch interessieren, wer solche Anordnungen herausgibt und welche Kontrollmechanismen es dafür gibt. Da kenne ich mich gar nicht aus. Für sachdienliche Hinweise wäre ich dankbar.

Aber selbst Richterbeschlüsse halte ich für bürokratischen Overhead - welcher Richter würde denn ernsthaft der Überwachung von angeblich Terrorverdächtigen nicht zustimmen? Stellt euch mal vor, der Richter stimmt nicht zu, und hernach stellt sich der Verdächtige wirklich als Terrorist heraus, der ein paar Menschen in die Luft jagt. Der gute Richtersmann wird ja seines Lebens nicht mehr froh.

Die Reform muss noch vom Parlament gebilligt werden. Befürworter des Entwurfs argumentieren, die Gesetzesänderung sei notwendig, um den Inlandsgeheimdienst zumindest wieder auf den Stand zu bringen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören.

Die guten alten Zeiten, als die den Grundrechten entgegen stehende Totalüberwachung noch einfach war. Ganz schlimm heutzutage, da muss man sich richtig anstrengen. Oder vielleicht auch bald nicht mehr.